[Antimilitarismus-info] Polizei fühlt sich von “entblößtem Gesäß” verarscht

Hanna Poddig hanna at nirgendwo.info
Do Jan 19 04:27:36 CET 2012


Wir dokumentieren hier einen Brief solidarischer Antimilitarist_innen an
die Presse:



Liebe Pressevertreterinnen und Pressvertreter,

wir wenden uns heute mit diesem persönlichen Anschreiben an Sie, weil
uns für unser Anliegen schlicht keine angemessene Form der Darstellung
eingefallen ist. Worum es geht? Um etwas so skurriles, dass es uns
vermutlich einige nicht glauben werden:
Es geht um einen Anarchisten, der vor Gericht steht, weil er die Polizei
verarscht hat. „Was meinen die jetzt mit verarscht?“, fragen Sie sich.
Naja, wir meinen das wörtlich. Er hat seine Hose ausgezogen und mit
seinem Arsch einen Stein berührt auf dem „Polizei“ steht. Da fängt das
Problem ja schon an: Jetzt haben wir „Arsch“ geschrieben, was in einer
seriösen Pressemitteilung nichts zu suchen hätte. Aber ehrlich,
„entblößtes Gesäß“ wie sich das Gericht im erlassenen Strafbefehl
ausdrückt, klingt doch nun wirklich weltfremd.

Ja, wirklich, das Amtsgericht in Schleswig hat einen Strafbefehl
deswegen erlassen. Die verstehen wirklich keinen Spaß. In absehbarer
Zeit wird es deswegen also zu einer Verhandlung kommen, denn gegen den
Strafbefehl wurde Einspruch eingelegt.

Klar, bei Ihnen gehen unzählige Pressemitteilungen und Meldungen ein und
wir hätten eine eben solche verfassen können. So eine bei der im ersten
fett gedruckten Absatz schon alles steht und Sie den Text mit Copy-Paste
übernehmen können, wenn Sie sich entscheiden sollten zu berichten. Aber
wie hätte das aussehen können?

Die brave Variante:
„Wir sind erschüttert, mit welch hohem Verfolgungsinteresse die
Schleswiger Ermittlungsbehörden gegen einen jungen Mann vorgehen, der
seine Wut über polizeiliche Misshandlungen herausließ, indem er seine
Hose runterließ und mit entblößtem Gesäß über einen Stein wischte, auf
dem neben dem Schriftzug „Polizei“ auch das Landeswappen des Landes
Schleswig-Holstein eingemeißelt war. Angesichts der zuvor in Gewahrsam
erlittenen Polizeiwillkür erscheint es uns unverhältnismäßig, dieses
Verhalten strafrechtlich zu verfolgen.“

Klar, das stimmt alles so, aber, ganz ehrlich, klingt es bei den meisten
von uns doch eher so:
„Einen Strafbefehl wegen „Verunglimpfung des Staates“ zu bekommen
begreifen wir als Lob. Einem Staat Geringschätzung entgegenzubringen, in
dem es beispielsweise verboten ist, die Nationalflagge als
schwarz-rot-gelb zu bezeichnen, der Kriege führt, Atomkraftwerke
betreibt und Menschen einsperrt, erscheint uns logisch, wenn nicht sogar
notwendig.“

Und jetzt geht in unserem Hinterkopf die Warnleuchte an: Dürfen wir das
überhaupt schreiben? Ist das noch von der sogenannten „Meinungsfreiheit“
gedeckt oder schon wieder in sich eine Straftat? Als hätten wir nicht
schon genug mit Gerichten zu tun. Immerhin ist diese ganze
Auseinandersetzung ja auch im Rahmen eines Gerichtsprozesses geschehen.
Weil die Bahn Schadenersatz fordert von einer Aktivistin, die mit einer
Ankettaktion 2008 einen Militärtransport aufgehalten hat. Sie stand in
Schleswig vor Gericht und wir waren auch dort, um sie solidarisch zu
unterstützen. Nur wurde ein Teil von uns einfach nicht reingelassen.
Unddas obwohl der Prozess doch öffentlich sein sollte. Stattdessen
wurden die Leute dann aus dem Gebäude geworfen und auf die Polizeiwache
verschleppt. Und das dann Folgende kennen Sie ja schon…

Sollte der Fall Sie amüsieren, finden Sie weitere Informationen auf
unserer Homepage. Sollten Sie sich für den Fall darüber hinaus
interessieren, freuen wir uns über Rückfragen.


Mehr Informationen über die Mailingliste Antimilitarismus-info